Mit großer Sorge beobachten wir die seit vielen Wochen stattfindenden unangemeldeten Demonstrationen in unserer Stadt und auch bundesweit, die sich als angebliche „Spaziergänge“ gegen die Corona-Schutzmaßnahmen tarnen. Auf ihnen wurden geltende Abstands- und Maskenregeln, die dem Schutz vor einer noch verschärfteren Ausbreitung des Coronavirus dienen, von Teilen der Demonstrierenden gezielt unterlaufen. Vielerorts nehmen rechte Akteure von AfD bis Neonazi-Kameradschaften an den sich heterogen zusammensetzenden Protesten teil. Als antifaschistisches Bündnis bunt statt braun beziehen wir klar Stellung gegen die sogenannten „Spaziergänge“ und sprechen uns für ein umsichtiges und solidarisches Handeln in der Coronakrise aus!
Seit zwei Jahren kämpft unsere Stadtgesellschaft gegen die Corona-Pandemie und ihre Folgen. An vorderster Linie stehen dabei die Beschäftigten im Gesundheitswesen, aber auch im Einzelhandel und vielen anderen Branchen. Sie alle halten unsere Gesellschaft trotz einer weltweiten Pandemie tagtäglich am Laufen. Doch nicht nur sie trifft die Pandemie hart: Die Hannoverschen Restaurants und Einzelhändler*innen leiden ebenfalls unter den Folgen der Pandemie - dennoch zeigen sie sich solidarisch und setzen die geltenden Maßnahmen zum Infektionsschutz um. Viele Kultureinrichtungen, die unsere Stadt mit ihrer Vielfältigkeit prägen und zu dem lebenswerten Ort machen, den wir unser Zuhause nennen, mussten ihren Betrieb stark einschränken oder sogar ganz einstellen. Ihnen allen gilt unsere volle Solidarität!
Über 1.385 Hannoveraner*innen sind in den letzten zwei Jahren an oder mit einer Corona-Infektion verstorben - bundesweit sind es über 126.000 Menschen. Was diese Zahlen nicht abbilden können, sind die Lücken, die diese Verluste hinterlassen – für ihre trauernden Angehörigen, Freund*innen und Kolleg*innen. Wir denken auch an die, die viel zu oft vergessen werden: All jene, die auch Monate nach ihrer Corona-Infektion durch Long-Covid weiterhin aus ihrem Alltag gerissen sind. Wir denken an die Kinder, Schüler*innen und Student*innen, die einerseits stark unter Kontaktbeschränkungen und Distanzunterricht gelitten haben und die sich andererseits in der Omikron-Welle aufgrund ihres vielfach noch fehlenden Impfschutzes als besonders infektionsbedroht erwiesen haben.
Für uns ist es unerträglich, wenn rechtsextreme, antisemitische und/oder verschwörungs-ideologische Parolen verbreitet werden. Auf den Social-Media-Kanälen des Hannoverschen Ablegers dieser Proteste werden beispielsweise Grafiken verbreitet, auf denen sich neben durchgestrichenen Masken und Impfspritzen auch ein stilisiertes Virus in Form eines Hakenkreuzes findet. Diese NS-Analogie ist an Zynismus kaum zu überbieten, nehmen doch vielerorts auch bekannte Rechtsextreme zumeist unwidersprochen an den Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen teil. Die AfD inszeniert sich als parlamentarischer Arm dieser gefährlichen Mischszene aus Verschwörungsgläubigen, Rechtsextremen, Reichsbürger*innen, Esoteriker*innen, aber eben auch ganz normalen Bürger*innen. Sie organisiert Demonstrationen und stimmt in den verschwörungsideologischen Kanon dieser Proteste mit ein und agiert so als Katalysator einer zunehmenden Radikalisierung.
Wir fordern alle Demokrat*innen dazu auf, sich von diesen gesellschaftlichen Spaltern ausdrücklich und entschlossen zu distanzieren!
No go - Demonstrationen mit Nazis!
Wir stehen ein für eine demokratische Gesellschaft. Hierzu gehört das allgemeine Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit - auch und gerade in gesellschaftlichen Krisen-zeiten. Das zeichnet unsere demokratische Gesellschaft aus. Wer jedoch gezielt versucht das Versammlungsrecht und Corona-Schutzmaßnahmen zu unterlaufen, wer der Präsenz und dem Wirken von Rechtsextremen auf den eigenen Demonstrationen nicht wider-spricht, der verlässt das Fundament demokratischen Protests.
Wir alle haben die Pandemie satt. Dennoch ist für uns klar: Ohne ein entschieden solidarisches Handeln, zu dem eben auch die selbstbestimmte Entscheidung für die Corona-Schutzimpfung zählt - zum eigenen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen, aber auch zum Schutz unserer Mitmenschen und des Gesundheitssystems – ohne dieses solidarische Handeln werden wir diese Pandemie nicht in den Griff bekommen. So leisten wir individuell unseren Beitrag dazu, einzelne Beschäftigten- und Gesellschaftsgruppen, die schon jetzt über ihre eigenen Grenzen hinaus gefordert sind, nicht noch stärker zu belasten!
Wir sind stolz darauf, wie unsere Stadtgesellschaft trotz Pandemie immer wieder im Zeichen der Solidarität zusammengerückt ist: Wir denken an die spontanen Initiativen zu Beginn der Pandemie, in denen sich Nachbar*innen zusammenfanden und für ihre infizierten oder besonders gefährdeten Nachbar*innen Einkäufe sowie alltägliche Erledigungen übernahmen. Wir denken aber auch an das Zeichen der Hannoverschen Zivilgesellschaft, die mit tausenden Teilnehmer*innen auf dem Opernplatz gemeinsam Haltung gezeigt hat – gegen eine rechte Instrumentalisierung der Kritik an den Corona-Schutzmaßnahmen und für ein umsichtiges und solidarisches Handeln in der Krise. Es sind diese Momente, die unsere Stadt auszeichnen!
Für Solidarität, Empathie, Vernunft und eine demokratische Gesellschaft!
Wir setzen uns dafür ein, dass unsere demokratische Gesellschaft sich zu dem bekennt, was sie stark macht: Solidarität, Empathie und Vernunft. Solidarisches Handeln mit den vielfältigen Betroffenen dieser Krise. Das Einfühlungsvermögen in diejenigen, die in dieser Krise leiden. Den Streit um das bessere Argument und den solidarischen Widerspruch - abseits irrsinniger Falschmeldungen und egoistischer Interessenpolitik.
Dabei sagen wir unmissverständlich: Wir stehen gegen jede rechte und rechtsextreme Instrumentalisierung der Kritik an den Corona-Maßnahmen!
Wir widersprechen klar und deutlich alten und neuen Nazis, rechter Hetze und populistischen Grenzüberschreitungen, die Unsägliches sagen, vorbereiten und tun. Denn für uns ist Hannover bunt statt braun. Gemeinsam für ein solidarisches Hannover!
Bündnis bunt statt braun - März 2022